Je komplexer, desto anfälliger für Probleme. Das gilt auch für unsere Gesellschaft und unseren Lebensstil. Das Leben wird digitaler, schneller, vernetzter, globaler – umso wichtiger ist es heutzutage, resilient zu sein, also mit einem guten Maß psychischer Widerstandskraft den Herausforderungen unserer Zeit gewachsen zu sein. Resilienz baut dabei auf den sogenannten Schutzfaktoren auf.
Überblick
Was sind Schutzfaktoren?
Faktoren, die die psychische und physische Gesundheit und Resilienz stärken, nennt man Schutzfaktoren. Auf diesen Schutzfaktoren baut mehr oder weniger die gesamte Resilienzforschung auf, genau wie die Sieben Säulen der Resilienz.
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Faktoren, welche die psychische und physische Gesundheit gefährden oder beeinträchtigen, nennt man dagegen Risikofaktoren. Risikofaktoren sind aber nicht per se schlecht, im Gegenteil – sie stellen gleichzeitig Bewältigungsaufgaben dar, die beanspruchen und insofern die Entwicklung von Resilienz fördern können:
Ohne Beanspruchung (Risikofaktoren), keine Entwicklung – ohne Fähigkeiten (Ausprägung der Schutzfaktoren), keine Bewältigung!
Risikofaktoren und Schutzfaktoren
Es gibt unzählige Risiko- und Schutzfaktoren. Jeder Mensch weist sie in unterschiedlichen Ausprägungen aus. Mittlerweile herrscht Einigkeit, dass die Wirkung einzelner Schutzfaktoren individuell sehr unterschiedlich ist und eine deutliche Kontextabhängigkeit aufweist.
Soziale Unterstützung kann zum Beispiel, bei zu viel tatkräftiger Hilfe, dazu führen, dass die eigene Selbstwirksamkeitserwartung sinkt.
BZgA
Risikofaktoren zu vermeiden ist, um die Resilienz zu stärken, genauso essenziell wie die Schutzfaktoren zu stärken. Stell dir Resilienz als Waage vor – Risiko- und Schutzfaktoren müssen sich dabei mindestens gegenseitig ausbalancieren, damit die Risiken nicht Überhand nehmen und die Gesundheit darunter leidet. Je weniger Risikofaktoren du ausgesetzt bist, desto stärker wiegen gleichzeitig die Schutzfaktoren! Deshalb findest du unter den Schutzfaktoren auch eine Auflistung der häufigsten Risikofaktoren.
Aber wie du bereits weißt: ganz ohne Risikofaktoren (Beanspruchung) soll es auch nicht sein. Beanspruchung ist die Vorraussetzung für persönliche Entwicklung.
Die 13 wichtigsten Schutzfaktoren
Schutzfaktoren werden in personale (innere, persönliche) und soziale (äußere, umweltbezogene) Faktoren aufgeteilt. In einer ausführlichen Resilienz-Studie „Die Kinder von Kauai“ hat die Psychologin Emmy Werner herausgefunden, dass ein gutes soziales Netzwerk der wichtigste Schutzfaktor überhaupt ist (warum das so ist, erfährst du ebenfalls in unserem kostenlosen E-Book).
Schutzfaktor | Merksatz | |
1 | Soziale Kompetenz | Ich weiß, wer mir helfen kann und wann ich Hilfe brauche. |
2 | Selbststeuerungsfähigkeit | Ich habe meine Gedanken und Gefühle im Griff und kann der Situation angemessen reagieren. |
3 | Selbstwirksamkeitserwartung | Ich weiß um den Effekt meiner Handlungen. |
4 | Selbstwahrnehmung | Ich weiß, dass ich gut bin und kann meine Fähigkeiten realistisch einschätzen. |
5 | Verantwortung | Ich übernehme Verantwortung für meine Handlungen, Situation, Gefühle. |
6 | Akzeptanz | Ich kann akzeptieren, dass Veränderung stattfindet und ich manche Dinge nicht beeinflussen kann, und kann diese von denen, die ich beeinflussen kann, unterscheiden. |
7 | Optimismus | Ich bin zuversichtlich, meine Vorhaben erfolgreich zu meistern. |
8 | Problemlösekompetenz | Ich weiß, dass ich eine Lösung entwickeln kann, und auch wie eine Lösung situationsbedingt aussehen könnte. |
9 | Kohärenzgefühl | Ich verstehe die Situation, ich bin überzeugt die notwendigen Ressourcen zur Bewältigung zu besitzen und sehe einen Sinn in der Bewältigung der Situation. |
10 | Zukunftsplanung | Ich plane langfristig, um von vornherein den richtigen Weg einzuschlagen. |
11 | Umgang mit Geld | Ich weiß, wie viel Geld mir zur Verfügung steht, meinen Bedarf einschätzen, kann es sinnvoll einsetzen und einteilen. |
13 | Angemessener Umgang mit Stress | Ich kann meine Kompetenzen in herausfordernden Situationen bestmöglich einsetzen. |
Risikofaktoren
Ob ein Risikofaktor die Entwicklung beeinflusst, hängt von verschiedenen Faktoren ab (Scheithauer & Petermann 1999, S. 6 f):
- Vulnerabilität – erhöhte Verletzlichkeit in besonderen Lebensphasen
- Häufung der Risikofaktoren (Kumulation)
- Dauer und Kontinuität der Risikofaktoren
- Eigene (subjektive) Bewertung der Risikofaktoren
Häufige Risikofaktoren sind folgende (aus den Leitbegriffen der BZgA):
Behaviorale Dispositionen und (Folgen der) Verhaltensmuster der persönlichen Lebensweise
- Tabakkonsum (gewohnheitsmäßiges Zigarettenrauchen) und Passivrauchen;
- Schädlicher Alkoholkonsum, chronischer Alkoholmissbrauch;
- Fehlernährung (Indikatoren: hyperkalorische, kohlenhydrat- und ballaststoffarme Ernährung, hoher Konsum gesättigter Fette, unzureichende Aufnahme von Obst und Gemüse);
- Übergewicht, Adipositas (Indikatoren: erhöhter Body-Mass-Index in Verbindung mit abdominalem Fettverteilungsmuster);
- Erhöhter Blutfettspiegel und Fettstoffwechselstörungen (Hypercholesterinämie – Indikatoren: LDL-Cholesterin und Gesamtcholesterin, Triglyceride);
- Bluthochdruck, arterielle Hypertonie (Indikatoren: diastolischer und systolischer Blutdruck), Arteriosklerose;
- Diabetes mellitus Typ 2 und Glykämie (in jüngster Zeit auch: abnorme Nüchternglukose bzw. gestörte Glukosetoleranz in Form eines „Prä-Diabetes“);
- Metabolisches Syndrom (Indikatoren: hohe Insulinwerte bzw. erhöhte Insulinresistenz in Kombination mit einer verringerten Fibrinolyse, erhöhten Blutdruckwerten, erhöhten atherogenen Blutfettwerten und einem „birnenförmigen“ Fettverteilungstypus);
- Bewegungsmangel und körperliche Inaktivität (Indikatoren: vorwiegend sitzende Lebensweise, keine regelmäßige aerobe Ausdauerbelastung);
- Chronische Stressbelastung und Stressüberlastung ohne adäquate Entlastungsmöglichkeiten oder Handlungskontrolle, chronische familiäre Konflikte;
- Einnahme von Antikonzeptiva (für Frauen mit Alter über 35 Jahren und in Verbindung mit Risikofaktor Zigarettenrauchen);
- Ungeschützter Geschlechtsverkehr („Unsafe Sex“, auch mit häufig wechselnden Sexualpartnern und -partnerinnen).
Umweltbezogene individuell wirksame Dispositionen, Risikodeterminanten und Risikofaktoren der Lebenslage, insbesondere der Arbeitswelt
- Berufliche bzw. ökologische Expositionen gegenüber Schadstoffen (z.B. ionisierende Strahlung, Asbest, Teer, Pestizide, aromatische Kohlenwasserstoffe, Lösungsmittel, Schwebstäube sowie weitere kardiotoxische und kanzerogene Substanzen wie Blei, Kohlenmonoxid oder Nitroglycerin);
- Erhöhte Sonnenexposition und Ozonbelastungen;
- Dauerhafte Belastungen durch Luftverschmutzung (Partikelemissionen, Feinstäube) an der Arbeitsstätte und/oder im ökologischen Nahraum und Wohnbereich (v.a. in urbanen Siedlungs-, Wirtschafts- und Ballungsräumen);
- Chronisch starke Lärmbelastungen in der Arbeitswelt und/oder im Wohnbereich;
- Schichtarbeit;
- Berufsbedingte und arbeitsorganisatorische Risikokonstellationen (chronische Arbeitsbelastungen in Form von Über- bzw. Unterforderung, mangelnde soziale Unterstützung, berufliche Gratifikationskrisen mit der Folge chronischer vegetativer Stresssymptome, Erschöpfung, evtl. Angststörungen und Depression/Burnout);
- Negative Beanspruchungsfolgen der Flexibilisierungsbelastungen neuer Arbeitsformen (direkte Mobilitätsbelastungen, Desynchronisation von Lebensrhythmen, soziale und emotionale Entwurzelungen mit der Folge fehlenden sozialen Rückhalts, Fragmentierung und Entgrenzung der Arbeitszeit, Überforderung durch komplexe Organisation von Arbeits- und Lebensbereichen).
Demographische, genetische, organische, physiologische und psychische Dispositionen
- Ansteigendes Alter und männliches Geschlecht;
- Genetisch (mit-)bedingte Störungen des Fett- und Glukosestoffwechsels, weitere genetische Risikomarker;
- Genetisch bedingte Arterienverengungen der Herzkranz- oder Hirngefäße;
- U.U. auch: familiäre Vorgeschichte einer kardiovaskulären Erkrankung;
- ungünstige Verteilung von Fettgewebe („abdominal obesity“);
- ·„oxidativer Stress“ durch mangelnden Abbau so genannter freier Radikale mit nachfolgender Bildung schädlicher Ablagerungen (Beta-Amyloid Plaques) im Gehirn;
- „Typ-A-Verhaltensmuster“ (Indikatoren: Kontrollambitionen, Daueranspannung, übersteigertes Leistungsstreben und Ehrgeiz, Gehetztheit und Irritierbarkeit, latente Feindseligkeit);
- Dauerhafte negative Emotionen (Indikatoren: Depression, Angststörungen, chronischer Ärger und Aggression);
- Persönliche Risikodispositionen (Indikatoren: lebensverändernde kritische Ereignisse, belastende Lebensphasen und Lebensübergänge).
Häufig gestellte Fragen zu den Schutzfaktoren für mehr Resilienz
Welche Faktoren fördern die Resilienz?
Resilienz wird durch eine Kombination aus internen und externen Faktoren gefördert. Interne Faktoren beinhalten persönliche Eigenschaften wie Optimismus, Selbstwahrnehmung, emotionale Intelligenz, und die Fähigkeit, Herausforderungen als Gelegenheiten zu sehen. Externe Faktoren umfassen unterstützende Beziehungen, Zugang zu Ressourcen, und eine positive Umgebung.
Was sind Schutzfaktoren und Risikofaktoren?
Schutzfaktoren sind Bedingungen oder Eigenschaften, die einer Person helfen, effektiv auf Herausforderungen zu reagieren und sich von Rückschlägen zu erholen. Dazu gehören starke soziale Netzwerke, positive familiäre Beziehungen und gute Bewältigungsfähigkeiten. Risikofaktoren hingegen erhöhen die Wahrscheinlichkeit von negativen Ergebnissen und können chronischer Stress, negative soziale Einflüsse, oder Traumata sein.
Was sind personale Schutzfaktoren?
Personale Schutzfaktoren sind individuelle Charakteristika oder Fähigkeiten, die einer Person helfen, mit Schwierigkeiten umzugehen. Diese umfassen Selbstbewusstsein, emotionale Intelligenz, Problemlösungsfähigkeiten, Selbstregulierung, und die Fähigkeit zur Perspektivübernahme.
Was sind die 6 Säulen der Resilienz?
Die 6 Säulen der Resilienz sind:
Selbstwahrnehmung: Verstehen der eigenen Emotionen und Gedanken.
Selbststeuerung: Fähigkeit, Impulse zu kontrollieren und Emotionen effektiv zu managen.
Optimismus: Eine generell positive und hoffnungsvolle Einstellung.
Achtsamkeit: Im Hier und Jetzt präsent sein und bewusst wahrnehmen.
Beziehungspflege: Aufbau und Pflege von unterstützenden sozialen Beziehungen.
Zielorientierung: Klare Ziele setzen und Strategien entwickeln, um diese zu erreichen.
Weitere Quellen
https://www.leitbegriffe.bzga.de/alphabetisches-verzeichnis/resilienz-und-schutzfaktoren/
http://www.resilienz-freiburg.de/index.php/was-ist-resilienz/das-risiko-und-schutzfaktorenkonzept
https://www.leitbegriffe.bzga.de/alphabetisches-verzeichnis/risikofaktoren-und-risikofaktorenmodell/